Volkswagen im Umbruch 2025: Die Fahrt in die Elektrozukunft

Zwischen Anspruch und Realität: Ein Konzern in der Umbruchzone

Der Volkswagen-Konzern steht 2025 an einem zentralen Wendepunkt seiner Geschichte. Die einstige Kernkompetenz — der Verbrennungsmotor — verliert zunehmend an Relevanz, während Elektromobilität und digitale Transformation in den Fokus rücken. Doch zwischen ambitionierten Zielen, wirtschaftlichem Druck und globaler Konkurrenz zeigt sich: Der Weg in die elektrische Zukunft ist alles andere als glatt.

Seit dem Start der „New Auto“-Strategie investiert VW massiv in Batterieforschung, Software & Plattformen. Der Konzernleiter Oliver Blume warnt selbst: „Wir befinden uns in stürmischen Zeiten.“ Um das Unternehmen zukunftssicher auszurichten, wurden weitreichende Sparmaßnahmen beschlossen: Mehr als 35.000 Stellen sollen bei VW allein in der Pkw-Sparte wegfallen, zusätzlich 7.500 bei Audi und rund 4.000 bei Porsche.

Gleichzeitig wägt VW ab: Wie schnell kann und darf der Umbau zur Elektromobilität erfolgen? Blume äußert Zweifel am Verbrenner-Verbot ab 2035 und fordert mehr Flexibilität in der Politik. In vielen Werken, insbesondere in den sächsischen Standorten, wurden Produktionspausen verhängt — eine Reaktion auf nachlassende Nachfrage nach Elektroautos.

Elektro-Offensive: Strategie, Technik und Modellpalette

Plattformstrategie & Technik

Eines der zentralen Puzzleteile von VW’s Zukunftsstrategie ist die Weiterentwicklung der modularen Plattformansätze: Die bekannte MEB-Plattform wird in eine modernisierte Version überführt, MEB+, mit optimierter Effizienz und erweiterter Reichweite. Gleichzeitig plant VW mittelfristig den Umstieg auf die SSP (Scalable Systems Platform), die eine gemeinsame Basis für alle E-Fahrzeuge der Konzernmarken bieten soll.

Für das Batterie- und Antriebssystem setzt VW bei günstigeren Fahrzeugklassen zunehmend auf LFP-Batterien (Lithium-Eisenphosphat), die in der Herstellung kostengünstiger und langlebiger sein sollen. Parallel dazu wird an hocheffizienten Invertern gearbeitet — etwa mit Siliziumkarbidtechnologie — um die Gesamtwirkungsgrade zu verbessern.

Auch hinsichtlich der Elektronik will VW unabhängiger werden und Komponenten, Steuergeräte und Software stärker aus eigener Hand entwickeln.

Neue Namensstrategie und Modelloffensive

Ein bedeutsamer Schritt ist die Umstellung der Modellnamen: VW will etablierte Bezeichnungen wie „Polo“ oder „GTI“ in die elektrische Welt übertragen. Beispiel: Der „ID. 2all“ soll künftig als ID. Polo auf den Markt kommen, inklusive einer sportlichen Variante als ID. Polo GTI. Weitere Modelle sind geplant: Ein kleiner SUV (ID. CROSS), ein Einstiegs-Elektroauto mit Einstiegspreis von etwa 20.000 Euro (ID. EVERY1) sowie insgesamt vier neue E-Modelle in der Klein- und Kompaktklasse ab 2026.

Die Strategie adressiert explizit das Wachstumspotenzial im Segment kleiner E-Autos: VW strebt mittelfristig einen Marktanteil von etwa 20 % in diesem Bereich in Europa an.

Globale Differenzierung — besonders China

Eine besonders radikale Entscheidung fiel in der China‐Strategie: VW verlagert Entwicklung und Produktion neuer E-Modelle zunehmend in China und will dort autonom operierende Strukturen etablieren — „In China für China“. Damit rücken deutsche Standorte in den Hintergrund, zumindest in der Hochtechnologie. Diese strategische Verschiebung sorgt für erheblichen Diskussionsstoff in Deutschland — insbesondere mit Blick auf technologische Souveränität und Industriekapazitäten.

Zusätzlich kooperiert VW mit chinesischen Unternehmen wie XPeng im Bereich E/E-Architektur und Steuergeräte, um Prozesse zu beschleunigen und lokale Wettbewerber noch stärker zu integrieren.

Markt, Wettbewerb und Risiken

Nachfragestille & Produktionsanpassung

Die Wachstumsstory der Elektromobilität verlangsamt sich in vielen Märkten. In Teilen Europas stagnieren EV-Zulassungen, Verbraucher sind preissensibler, die Ladeinfrastruktur entwickelt sich langsamer als erwartet. Für VW ein harter Gegenwind.

Als Reaktion fahren zwei Werke (Zwickau, Dresden) temporär herunter, Wochenendarbeit wird in anderen Standorten ausgeweitet. Zudem werden Modelle mit klassischen Antrieben in manchen Werken wieder verstärkt produziert.

Wettbewerbsdruck & Preiskampf

Besonders aus China wächst der Druck: Hersteller wie BYD bieten fertige Technologie zu niedrigen Preisen, die VW herausfordern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss VW Kosten senken, Skaleneffekte nutzen und attraktive Einstiegspreise anbieten.

Ein Beispiel: VW plant ein günstiges Elektroauto mit Preis um 20.000 Euro als Teil der Markenoffensive.

Politik & Regulatorik

VW sieht sich zunehmend gezwungen, politische Rahmenbedingungen mitzugestalten. Das drohende Verbot von Neuzulassungen mit Verbrennungsmotor ab 2035 ist umstritten: Einige Stimmen im Konzern halten es für unrealistisch und fordern mehr Technologieoffenheit. Gleichzeitig pochen Umweltinitiativen und EU-Klimaziele auf konsequente CO₂-Reduktion — ein Spannungsfeld für VW.

Zudem hängt der Erfolg stark davon ab, wie schnell Ladeinfrastruktur ausgebaut und Strompreise gesenkt werden — Faktoren, die VW nur indirekt steuern kann.

Zwischenbilanz und Ausblick

Volkswagen 2025 bewegt sich in einer Phase, die man mit Fug und Recht als „Umbruch“ bezeichnen kann. Die Kernmarke zieht sich zunehmend von klassischen Antrieben zurück, investiert stark in Elektrotechnik und Digitales und strukturiert das Portfolio um.

Doch die Herausforderungen sind immens: Einschnitte bei Personal, Standortverschiebungen, Nachfrageunsicherheiten und internationale Konkurrenz stehen einer ambitionierten Strategie gegenüber.

Für VW wird entscheidend sein, ob es gelingt, die Balance zu wahren — zwischen technischer Innovation und Wirtschaftlichkeit, zwischen Transformation und Kontinuität. Wenn der Konzern die Wende erfolgreich gestaltet, könnte VW nicht nur als Automobilhersteller, sondern als Technologieanbieter neu definiert werden. Falls nicht, drohen strukturelle Rückschläge, besonders in der Wahrnehmung als Innovationsführer.

© Text enews.at 2025