Gebrauchte E-Autos im Check

Elektroautos haben längst den Sprung in den Gebrauchtwagenmarkt geschafft. Immer mehr Modelle kommen nach drei oder vier Jahren auf den Markt – oft mit deutlich gesunkenen Preisen. Doch anders als beim klassischen Gebrauchtwagenkauf zählt hier nicht nur die Optik oder der Kilometerstand. Entscheidend ist vor allem eines: der Zustand der Batterie.

Der Akku – das Herzstück des Elektroautos

Beim E-Auto ist der Akku das, was beim Verbrenner der Motor ist – nur deutlich teurer. „Die Batterie macht je nach Modell bis zu 40 Prozent des Fahrzeugwerts aus“, erklärt ein Gutachter des TÜV Süd. Ein Tausch kann schnell mehrere tausend Euro kosten.

Wichtigster Kennwert ist der State of Health (SoH). Er zeigt, wie viel Kapazität der Akku im Vergleich zum Neuzustand noch hat. Ein SoH von 90 Prozent bedeutet: Der Akku kann noch 90 Prozent seiner ursprünglichen Energie speichern. Das ist völlig normal. Kritisch wird es erst, wenn der Wert unter 80 Prozent fällt.

Tipp: Viele Hersteller oder Werkstätten bieten eine Batteriediagnose an. Verlangen Sie beim Kauf ein Batteriezertifikat – es gibt Ihnen Gewissheit über den Zustand und die Restreichweite.

Auch die Garantie ist entscheidend: Fast alle großen Marken gewähren acht Jahre oder 160.000 Kilometer auf den Akku. Prüfen Sie, ob diese Garantie noch gilt.

Wie wurde geladen – und wie oft?

E-Autos altern unterschiedlich schnell – je nachdem, wie sie genutzt wurden. Wurde das Fahrzeug häufig an Schnellladern (DC) geladen, kann das die Batterie stärker beanspruchen. Günstiger ist, wenn der Vorbesitzer meist langsam zu Hause oder an AC-Säulen geladen hat.

Auch das Ladeverhalten spielt eine Rolle. Wer seinen Akku regelmäßig auf 100 Prozent auflädt oder ihn oft komplett leer fährt, beschleunigt die Alterung. Optimal ist es, den Ladezustand zwischen 20 und 80 Prozent zu halten.

Fragen Sie den Verkäufer ruhig nach dem Ladeverhalten oder – bei neueren Modellen – nach einem Ladeprotokoll, das oft im Fahrzeug gespeichert ist.

Software – Updates sind Pflicht

Elektroautos sind rollende Computer. Fehlende Software-Updates können zu Problemen führen – oder dazu, dass der Akku nicht optimal arbeitet.
Prüfen Sie, ob:

  • die Hersteller-Software aktuell ist,
  • alle Assistenzsysteme und Apps funktionieren,
  • das Fahrzeug „over the air“ (OTA) updates empfangen kann.

Bei Marken wie Tesla, VW oder BMW werden viele Updates automatisch eingespielt. Bei anderen Herstellern ist ein Werkstattbesuch nötig.

Ladestecker, Kabel & Kompatibilität

Nicht jedes gebrauchte E-Auto passt an jede Ladesäule. In Europa sind der Typ-2-Stecker (Langsamladung) und CCS (Schnellladung) Standard. Achten Sie darauf, dass beide Kabel – Haushaltskabel (Schuko) und Typ-2-Ladekabel – beim Kauf mitgeliefert werden. Ein fehlendes Schnellladekabel kann schnell mehrere hundert Euro kosten.

Technik, Wartung & Zustand

Auch wenn E-Autos weniger Verschleißteile haben, sollten Käufer den allgemeinen Zustand prüfen:

  • Bremsen, Reifen, Fahrwerk und Stoßdämpfer
  • Rost an Fahrwerksteilen (besonders bei älteren Modellen)
  • Funktion der Klimaanlage und Heizung (wichtig für Reichweite im Winter)

Wichtig: Ein digitales oder klassisches Scheckheft zeigt, dass Wartungen regelmäßig durchgeführt wurden. Zwar fallen beim E-Auto keine Ölwechsel an, aber Kühlflüssigkeit, Filter und Softwarechecks gehören trotzdem dazu.

Preis, Förderung und laufende Kosten

Ein gebrauchtes E-Auto kann ein echtes Schnäppchen sein – besonders, wenn der ursprüngliche Neupreis hoch war. Modelle wie der VW ID.3, Hyundai Kona Electric oder Renault Zoe sind auf dem Gebrauchtmarkt inzwischen zu attraktiven Preisen erhältlich.

Gut zu wissen:

  • Kfz-Steuer entfällt bei reinen Elektroautos in der Regel für zehn Jahre.
  • Einige Bundesländer oder Städte fördern auch den Gebrauchtkauf von E-Fahrzeugen oder das Nachrüsten von Wallboxen.
  • Stromkosten im Alltag liegen oft deutlich unter Benzin- oder Dieselpreisen – besonders bei Nacht- oder Ökostromtarifen.

Probefahrt – mehr als nur ein kurzer Check

Bei der Probefahrt sollten Sie nicht nur auf Komfort und Geräusche achten, sondern auch auf die Reichweiteanzeige. Sinkt sie ungewöhnlich schnell, kann das auf einen geschwächten Akku hinweisen.
Achten Sie zudem auf:

  • Warnsymbole im Cockpit,
  • Ladegeschwindigkeit an einer Säule,
  • und das Verhalten bei Rekuperation (Bremsenergierückgewinnung).

Ein Check bei ADAC, DEKRA oder TÜV kann zusätzlich Sicherheit bieten – viele Prüfstellen bieten inzwischen E-Auto-spezifische Gebrauchtwagenchecks an.

Fazit: Gebrauchte E-Autos sind Chancen – mit dem richtigen Wissen

Der Gebrauchtmarkt für Elektroautos wächst – und bietet echte Chancen für Umsteiger. Wer den Akku prüft, auf Software und Ladezustand achtet und eine Probefahrt macht, kann ein zuverlässiges Fahrzeug zu einem fairen Preis bekommen.

Kurz gesagt: Mit etwas Wissen und Geduld kann der Gebrauchtkauf eines E-Autos genauso sicher sein wie bei jedem Benziner – nur nachhaltiger.

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