Elektromobilität vs. Verbrenner: Was wirklich nachhaltiger ist

Von außen betrachtet scheint die Sache klar: Wer elektrisch fährt, fährt sauberer. Doch die Wirklichkeit ist komplexer. Zwischen Batterieproduktion, Rohstoffabbau und Strommix auf der einen Seite und fossiler Energie, Abgasen und Metallverarbeitung auf der anderen steht eine nüchterne Frage: Welcher Antrieb belastet die Umwelt tatsächlich weniger?

Produktion: Der ökologische Rucksack beider Systeme

Schon bei der Herstellung zeigen sich deutliche Unterschiede. Ein Elektroauto startet mit einem sogenannten ökologischen Rucksack. Die Produktion des Akkus ist energieintensiv, und die dafür nötigen Rohstoffe – Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit – werden oft unter schwierigen Bedingungen abgebaut. Besonders die Lithiumgewinnung in Südamerika gilt als problematisch, da sie große Mengen Wasser verbraucht und lokale Ökosysteme unter Druck setzt.

Doch auch der Verbrenner ist kein Kind der Nachhaltigkeit. Der Bau eines Motors erfordert große Mengen an Stahl, Aluminium und seltenen Metallen. In Katalysatoren kommen Edelmetalle wie Platin, Palladium oder Rhodium zum Einsatz – Rohstoffe, deren Förderung ebenfalls umweltschädlich ist. Zudem ist die Fertigung des Motors und der Abgasanlage energieaufwendig.

Fazit: Während der Elektroantrieb zunächst mehr Energie für die Produktion verschlingt, holt der Verbrenner diese Bilanz während seines Lebenszyklus durch den Verbrauch fossiler Kraftstoffe rasch ein.

Nutzung: Strom schlägt Sprit

Im laufenden Betrieb wird der Unterschied noch deutlicher. Ein Elektromotor nutzt 70 bis 90 Prozent der eingesetzten Energie für den Antrieb. Zum Vergleich: Beim Verbrennungsmotor liegt der Wirkungsgrad meist nur bei 20 bis 35 Prozent – der Rest verpufft als Abwärme.

Hinzu kommt: Ein Elektroauto kann durch Rekuperation, also Energierückgewinnung beim Bremsen, zusätzliche Effizienzgewinne erzielen. Entscheidend bleibt jedoch, woher der Strom kommt. Lädt das Fahrzeug mit Ökostrom, fährt es nahezu emissionsfrei. Bei Strom aus Kohle- oder Gaskraftwerken relativiert sich dieser Vorteil.

Der Verbrenner hingegen bleibt in jedem Fall an fossile Energieträger gebunden. Jeder Kilometer verursacht CO₂, Stickoxide und Feinstaub – Schadstoffe, die sich auch durch technische Fortschritte wie Partikelfilter nur bedingt vermeiden lassen.

Lebenszyklus und Umweltbilanz

Neuere Studien zeigen, dass der Punkt, ab dem die CO2-Bilanz besser ist als die eines vergleichbaren Verbrenners, oft bereits nach 20.000 bis 45.000 Kilometern erreicht wird, insbesondere wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt.

Bei modernen Batterien wird zudem das Recycling verbessert: In Europa sollen künftig bis zu 90 Prozent der enthaltenen Metalle wiedergewonnen werden können.

Beim Verbrenner bleibt die Bilanz konstant: Der Ausstoß fossiler Emissionen begleitet ihn über die gesamte Lebensdauer. Auch die Ölgewinnung und -verarbeitung verursachen zusätzliche ökologische Schäden – vom Abbau über den Transport bis hin zu Ölunfällen und Gasabfackelung.

Infrastruktur: Stromnetz im Wandel

Die Ladeinfrastruktur gilt oft als Schwachpunkt der Elektromobilität. In Ballungsräumen wächst das Netz rasant, in ländlichen Regionen ist der Ausbau jedoch noch schleppend. Zudem stellt die wachsende Zahl an E-Fahrzeugen Stromnetze und Energieversorger vor neue Aufgaben.

Der Verbrenner profitiert hier von einem seit Jahrzehnten eingespielten System: Tankstellen gibt es fast überall. Doch diese fossile Infrastruktur steht auf wackligen Beinen – denn die Reserven an Erdöl sind endlich, und politische Abhängigkeiten erschweren die Versorgung zusätzlich.

Fazit: Kein Antrieb ohne Schattenseite

Weder Elektro- noch Verbrennungsmotor ist völlig umweltneutral. Doch die Richtung ist klar:

  • Kurzfristig belastet die Batterieproduktion die Bilanz der E-Mobilität.
  • Langfristig aber kann das Elektroauto deutlich sauberer fahren – vor allem, wenn Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt und Rohstoffe recycelt werden.

Die Zukunft der Mobilität hängt also nicht allein vom Antrieb ab, sondern von der gesamten Energiekette: von der Gewinnung der Rohstoffe über die Stromerzeugung bis hin zur Entsorgung.

Oder, wie es ein Umweltforscher kürzlich formulierte:
„Das nachhaltige Auto gibt es nicht – aber das nachhaltigere schon.“

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